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Map of the Antarctic with the new sea protection area in the Ross Sea
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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 23 – Was ist eigentlich die Antarktis?

Nun also die Pinguine – nachdem es in der vorigen Woche um die Arktis ging, wenden wir uns jetzt der südlichsten Region der Erde zu.

Die Ant-Arktis liegt tatsächlich, was der Name ja auch schon impliziert, von der Arktis betrachtet auf der anderen Seite des Globus. Die Arktis hat ihren Namen vom nördlichen Sternbild des Großen Bären (griechisch: arktos) – und die Antarktis bekam dann keinen eigenen Sternbild-Namen mehr, sondern heißt nun als Arktis-Antipode eben frei übersetzt: Gegenüber-Arktis, was man durchaus ein bisschen einfallslos nennen kann und was diesem großartigen Gebiet eigentlich auch gar nicht gerecht wird.

Eine Antipode ist die Antarktis zur Arktis aber noch in einem anderen Sinn, denn Arktis und Antarktis unterscheiden sich in einem ganz wesentlichen Merkmal: Während die Arktis zum allergrößten Teil ein Meeresgebiet ist, ist die Antarktis zum allergrößten Teil ein Kontinent, und zwar einer, der fast gänzlich von Eis bedeckt ist.

Die Antarktis allerdings erstreckt sich noch weiter als nur über den Kontinent – in der Regel spricht man von der Antarktis südlich des Gebiets der antarktischen Konvergenz, des Gebiets also, in der kaltes, nordwärts fließendes Oberflächenwasser aus der Antarktis auf südwärts fließendes wärmeres Oberflächenwasser aus dem Norden trifft. Das kalte Wasser aus der Antarktis mit seiner höheren Dichte sinkt dort ab und fließt unter dem wärmeren Oberflächenwasser nordwärts. Fährt man vom argentinischen Ushuaia in die Antarktis, bemerkt man diese Zone sehr deutlich: Die Wassertemperatur sinkt sehr schnell von etwa 8°C auf unter 2°C – und das macht sich natürlich auch sehr deutlich in der Lufttemperatur bemerkbar.

Genauso wie der 10-Grad-Juli-Isotherm in der Arktis ist die Antarktische Konvergenzzone kein gleichmäßiger Ring um den Südpol wie der südliche Polarkreis – ihre Lage ist veränderlich und hängt von Wetter, Jahreszeit und Meeresströmungen ab, liegt aber grob gesprochen durchschnittlich auf dem 49. Breitengrad, mit Schwankungen vom 45. Breitengrad im Indischen Ozean und dem 57. Breitengrad in der Drake Passage.

Schon lange, bevor man den antarktischen Kontinent betritt, stößt man hier also auf Inseln, auf denen polares Klima herrscht – wie zum Beispiel Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln.

Da es sich bei der Antarktis um einen mit Eis überzogenen Kontinent handelt, der wie ein eingebauter Kühlschrank wirkt, sinken die Temperaturen dort deutlich tiefer als in der Arktis: Mit minus 50 Grad ist es am Südpol im Inneren des Kontinents viel zapfiger als auf dem Nordpolarmeer mit minus 18 Grad.

Bei Besuchen der Antarktis werden genauso häufig Dinge vermischt wie bei Berichten über die Arktis. Heißt es oft, man sei am Nordpol gewesen, wenn es um Spitzbergen geht, wird genauso oft vom Südpol gesprochen, wenn über Kreuzfahrten in die Antarktis berichtet wird. Kreuzfahrten in die Antarktis berühren aber zum allergrößten Teil immer nur den äußersten Zipfel der Antarktis, die antarktische Halbinsel. Den Südpol per Schiff kann man solange nicht erreichen, bis die Kontinentalverschiebung die komplette Antarktis verschoben hat und der Südpol dann im Wasser liegt. Es ist unwahrscheinlich, dass wir das noch erleben werden.

Tatsächlich liegt die Antarktische Halbinsel mehr als 3000 Kilometer vom Südpol entfernt – auch für einen Landgang von einem Schiff aus ist das unwesentlich zu weit, außer man hat Schlitten, Kites, viel Essen, Zeit, Wissen und Muskeln dabei. Unvergessen aber die Touristin, die unendlich enttäuscht war, dass wir nun nicht zum Südpol gehen, das sei ihr doch versprochen worden… .

Landungen in der Antarktis bedeuten in den meisten Fällen stationäre Landungen, bei denen nicht viel gewandert wird – ganz einfach, weil man an vielen Orten schon nach wenigen Metern auf Gletschern steht, auf denen man prima in Spalten plumpsen kann. Dementsprechend wenige Landestellen gibt es auch generell, an denen man gefahrlos mit einem Schlauchboot an Land gehen kann.

Dort, wo das möglich ist, warten aber eben auch so putzige Gesellen auf einen, dass lange Wanderungen ohnehin nicht nötig sind, weil man jede Minute mit ihnen genießen will: Den Pinguinen. Sieben von den 17 Pinguinarten der Welt finden sich in der Antarktis – die Adelie-, Kaiser-, Königs-, Zügel- , Esels-, Goldschopf- und Felsenpinguine. Diese zu beobachten, wie sie auf ihren Eiern sitzen, geschäftig Nest bauen, in ihren Pinguinstraßen zum Meer und zurück tapsen ist ein großartiges Vergnügen.

So wunderschön sonnig und herzerwärmend solche Landungen sein können, darf man in der Antarktis nie vergessen, wo man ist. Noch viel schneller als in der Arktis ändert sich das Wetter hier, und urplötzlich können sich auch große Windgeschwindigkeiten aufbauen, wenn von den Gletschern die kalten katabatischen Fallwinde zur wärmeren Küste gesogen werden. Diese können bis zu 300 km/h erreichen, besser steht man ihnen also nicht im Weg.

Eine indigene Bevölkerung gibt es in der Antarktis nicht, aber an mehreren Orten des Kontinents stehen Forschungsstationen. Durch den Antarktisvertrag ist geregelt, dass die Antarktis keinen militärischen Zwecken dienen darf und auch keine Bodenschätze abgebaut werden dürfen, alle Aktivitäten sind auf Wissenschaft und Tourismus beschränkt. Mehrere Staaten allerdings erheben aber Ansprüche auf das Gebiet: Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen.

In den letzten Monaten häufen sich auch die Berichte aus der Antarktis, die von steigenden Temperaturen, immer größeren Eisbergen erzählen, die vom Schelfeis abbrechen. Auch hier haben sich Bedingungen schleichend und nun immer schneller verändert – und so ist die Antarktis aus klimatischen und politischen Gründen ein nicht minder spannendes Gebiet als die Arktis.

Und nach diesen beiden Folgen des Blogs sollte also das Grundschul-Polarwissen wieder aufgefrischt und für immer klar sein: Arktis – Eisbär – oben. Und Antarktis – Pinguine – unten!

Bis nächste Woche!

Ihre

Birgit Lutz

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Eine Antipode ist die Antarktis zur Arktis aber noch in einem anderen Sinn, denn Arktis und Antarktis unterscheiden sich in einem ganz wesentlichen Merkmal: Während die Arktis zum allergrößten Teil ein Meeresgebiet ist, ist die Antarktis zum allergrößten Teil ein Kontinent, und zwar einer, der fast gänzlich von Eis bedeckt ist.

Die Antarktis allerdings erstreckt sich noch weiter als nur über den Kontinent – in der Regel spricht man von der Antarktis südlich des Gebiets der antarktischen Konvergenz, des Gebiets also, in der kaltes, nordwärts fließendes Oberflächenwasser aus der Antarktis auf südwärts fließendes wärmeres Oberflächenwasser aus dem Norden trifft. Das kalte Wasser aus der Antarktis mit seiner höheren Dichte sinkt dort ab und fließt unter dem wärmeren Oberflächenwasser nordwärts. Fährt man vom argentinischen Ushuaia in die Antarktis, bemerkt man diese Zone sehr deutlich: Die Wassertemperatur sinkt sehr schnell von etwa 8°C auf unter 2°C – und das macht sich natürlich auch sehr deutlich in der Lufttemperatur bemerkbar.

Genauso wie der 10-Grad-Juli-Isotherm in der Arktis ist die Antarktische Konvergenzzone kein gleichmäßiger Ring um den Südpol wie der südliche Polarkreis – ihre Lage ist veränderlich und hängt von Wetter, Jahreszeit und Meeresströmungen ab, liegt aber grob gesprochen durchschnittlich auf dem 49. Breitengrad, mit Schwankungen vom 45. Breitengrad im Indischen Ozean und dem 57. Breitengrad in der Drake Passage.

Schon lange, bevor man den antarktischen Kontinent betritt, stößt man hier also auf Inseln, auf denen polares Klima herrscht – wie zum Beispiel Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln.

Da es sich bei der Antarktis um einen mit Eis überzogenen Kontinent handelt, der wie ein eingebauter Kühlschrank wirkt, sinken die Temperaturen dort deutlich tiefer als in der Arktis: Mit minus 50 Grad ist es am Südpol im Inneren des Kontinents viel zapfiger als auf dem Nordpolarmeer mit minus 18 Grad.

Bei Besuchen der Antarktis werden genauso häufig Dinge vermischt wie bei Berichten über die Arktis. Heißt es oft, man sei am Nordpol gewesen, wenn es um Spitzbergen geht, wird genauso oft vom Südpol gesprochen, wenn über Kreuzfahrten in die Antarktis berichtet wird. Kreuzfahrten in die Antarktis berühren aber zum allergrößten Teil immer nur den äußersten Zipfel der Antarktis, die antarktische Halbinsel. Den Südpol per Schiff kann man solange nicht erreichen, bis die Kontinentalverschiebung die komplette Antarktis verschoben hat und der Südpol dann im Wasser liegt. Es ist unwahrscheinlich, dass wir das noch erleben werden.

Tatsächlich liegt die Antarktische Halbinsel mehr als 3000 Kilometer vom Südpol entfernt – auch für einen Landgang von einem Schiff aus ist das unwesentlich zu weit, außer man hat Schlitten, Kites, viel Essen, Zeit, Wissen und Muskeln dabei. Unvergessen aber die Touristin, die unendlich enttäuscht war, dass wir nun nicht zum Südpol gehen, das sei ihr doch versprochen worden… .

Landungen in der Antarktis bedeuten in den meisten Fällen stationäre Landungen, bei denen nicht viel gewandert wird – ganz einfach, weil man an vielen Orten schon nach wenigen Metern auf Gletschern steht, auf denen man prima in Spalten plumpsen kann. Dementsprechend wenige Landestellen gibt es auch generell, an denen man gefahrlos mit einem Schlauchboot an Land gehen kann.

Dort, wo das möglich ist, warten aber eben auch so putzige Gesellen auf einen, dass lange Wanderungen ohnehin nicht nötig sind, weil man jede Minute mit ihnen genießen will: Den Pinguinen. Sieben von den 17 Pinguinarten der Welt finden sich in der Antarktis – die Adelie-, Kaiser-, Königs-, Zügel- , Esels-, Goldschopf- und Felsenpinguine. Diese zu beobachten, wie sie auf ihren Eiern sitzen, geschäftig Nest bauen, in ihren Pinguinstraßen zum Meer und zurück tapsen ist ein großartiges Vergnügen.

So wunderschön sonnig und herzerwärmend solche Landungen sein können, darf man in der Antarktis nie vergessen, wo man ist. Noch viel schneller als in der Arktis ändert sich das Wetter hier, und urplötzlich können sich auch große Windgeschwindigkeiten aufbauen, wenn von den Gletschern die kalten katabatischen Fallwinde zur wärmeren Küste gesogen werden. Diese können bis zu 300 km/h erreichen, besser steht man ihnen also nicht im Weg.

Eine indigene Bevölkerung gibt es in der Antarktis nicht, aber an mehreren Orten des Kontinents stehen Forschungsstationen. Durch den Antarktisvertrag ist geregelt, dass die Antarktis keinen militärischen Zwecken dienen darf und auch keine Bodenschätze abgebaut werden dürfen, alle Aktivitäten sind auf Wissenschaft und Tourismus beschränkt. Mehrere Staaten allerdings erheben aber Ansprüche auf das Gebiet: Argentinien, Australien, Chile, Frankreich, Großbritannien, Neuseeland und Norwegen.

In den letzten Monaten häufen sich auch die Berichte aus der Antarktis, die von steigenden Temperaturen, immer größeren Eisbergen erzählen, die vom Schelfeis abbrechen. Auch hier haben sich Bedingungen schleichend und nun immer schneller verändert – und so ist die Antarktis aus klimatischen und politischen Gründen ein nicht minder spannendes Gebiet als die Arktis.

Und nach diesen beiden Folgen des Blogs sollte also das Grundschul-Polarwissen wieder aufgefrischt und für immer klar sein: Arktis – Eisbär – oben. Und Antarktis – Pinguine – unten!

Bis nächste Woche!

Ihre

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