Nun ist sie wieder da, die Zeit, in der es draußen gar weihnachtlich glitzert, allüberall auf den Tannenspitzen sehen wir goldene Lichtlein blitzen und aus dem Radio schallt: Rudolph, the red-nosed reindeer. STOP! Hier liegt ein kleiner, feiner Irrtum vor!
Es ist die Zeit des Glöckchenklangs aus allen Lautsprechern, und wer das mag, für den ist das das Höchste. Glöckchen klingeln auch in dem Klassiker „Rudolph, the Red-Nosed Reindeer“, der seit 1949 in die Welt schallert. Dieses Lied geht zurück auf ein Malbuch der Kaufhauskette Montgomery Ward aus Chicago, das eben von einem solch rotnasigen Rentier handelt.
Die Story geht so: Rudolph hat, anders als seine Rentier-Kollegen, eine leuchtend rote Nase. Und wegen dieser roten Nase wird er von seinem Umfeld drangsaliert und darf nie bei sämtlichen Rentier-Spielen mitspielen. Dann aber kommt Santa Claus und findet die Nase famos, die er prima als Frontscheinwerfer seines Schlittens verwenden kann. Daraufhin wiederum ändern alle anderen Rentiere ihre Meinung und finden Rudolph fortan auch knorke.
(Anlässlich dieser Kolumne habe ich mir diesen Liedtext gerade erstmals durchgelesen und war ehrlich gesagt, äh, schockiert, was man so für einen Blödsinn singt. Und natürlich ist Rudolph dann nur wegen seines Erfolgs bei Santa Claus beliebt. Und nicht, weil er selber einfach ein dufter Typ mit seiner Leuchtnase ist…traurig ist das doch, oder nicht?)
Na, vielleicht hat sich das auch Bing Crosby gedacht, der Lametta-Schmetterer Nummer Eins. Jedenfalls war ihm diese Prosa zu steil und er lehnte ab, als er gefragt wurde, der Interpret des Liedes zu werden. Und so trällert nun Gene Autry, ein mir ansonsten gänzlich unbekannter singender Cowboy seit Jahrzehnten die Geschichte vom Rentier.
Warum um alles in der Welt schreibe ich das in diesen Notizen aus dem Eis?
Weil Ziel dieser Kolumne ja neben allem Spaß auch Wissensvermittlung ist – wer mit mir auf Reisen geht, weiß das auch, irgendwann sag ich immer: Ja denkt ihr denn, ihr seid zum Spaß hier? Deswegen muss ich hier unbedingt wieder mal Wissen vermitteln, weil es ja einfach nicht angeht, dass man an Weihnachten ein Lied über ein Rentier singt, das ganz offensichtlich total verkehrt ist. Auf sämtlichen Abbildungen zu dem Lied hat Rudolph nämlich nicht nur diese rote Nase, sondern auch ein stattliches Geweih.
Mit den Rentieren ist es aber so:
Die Männchen lassen ihr Geweih von April bis Juli wachsen. Im Herbst ist Brunftzeit, da wird das Geweih natürlich benötigt, um Platzrentier-mäßig um Rentierdamen zu kämpfen. Dann aber, im Spätherbst: fällt das Geweih ab!
Aha!
Weibchen hingegen bekommen ihr Geweih im Juni und tragen es das ganze Jahr.
Was schließen wir nun messerscharf daraus?
Rudolph ist eine Frau!
Seit mehr als 70 Jahren wird dieser Fehler in die Welt geschmettert, und keiner sagt was!
Für manchen mag nun eine Welt zusammenbrechen, da wird gegendert, es gibt weibliche PräsidentINNEN, Männer müssen sitzen, und dann ist Rudolph auch noch eine Frau!
Aber so ist das – und schon immer gewesen.
Wenn fortan also die Mär von Rudolph aus dem Radio schallt – werdet ihr immer daran denken, dass ihr schlauer seid als die Malbuch-Autoren!
Hier mein Service zum richtigen Mitsingen – den Takt müsst Ihr aber selber anpassen .
Rudolphine, the red-nosed reindeer
Had a very shiny nose
And if you ever saw it
You would even say it glows
All of the other reindeers
Used to laugh and call her names
They never let poor Rudolphine
Join in any reindeer games
Then one foggy Christmas eve
Santa came to say
Rudolphine with your nose so bright
Won’t you guide my sleigh tonight
Then all the reindeers loved him
As they shouted out with glee
Rudolphine the red-nosed reindeer
You’ll go down in history
Haltet durch!
Bis nächste Woche!
Eure
Birgit Lutz