Goldhafen? Ja, das ist der ursprüngliche Name von Gold Harbour, einem wundersamen Fleckchen Erde, leicht überbevölkert von allerlei Tieren, im Südosten Südgeorgiens.
Den deutschen Namen Goldhafen hat die weitläufige Bucht 1911 von der Antarktis-Expedition des deutschen Polarforschers Wilhelm Filchner bekommen. Für den goldenen Namen entschied er sich wohl aufgrund der schimmernden Pyrit-Vorkommen, die die Expedition in den Felsen fand. Besser bekannt ist dieses Gestein unter dem Namen Katzengold. Katzen wiederum gehören nicht zu den Tieren, die man im Goldhafen antrifft, und dabei kann man von Glück sprechen. Denn unter anderem wohnt hier auch eine Kolonie von Küstenseeschwalben, der ein Katzenbesuch wirklich nicht bekäme.
Gold Harbour, wie der Ort heute genannt wird, ist eine Landestelle, die kein Schiff auslassen möchte, das Südgeorgien besucht. Es ist einer jener Plätze, die landschaftlich schon kaum fassbar schön sind: Hinter dem weiten Sandstrand erheben sich Hügelchen mit Tussock-Gras, Seiten- und Endmoränen von Gletschern, und schließlich eine beeindruckende alpine Landschaft, massive Felswände, von denen sich immense Eismassen herabwälzen. Es bräuchte keinen einzigen Piepmatz, um diesen Ort nicht ohnehin schon zu einem festen Landeplatz im Programm zu machen.
Aber dann fläzen sich in dieser Kulisse auch noch tausende Tiere. Wer jahrelang in der Arktis unterwegs war, wo man – bis auf die Vögel – nach allen Tieren durchaus mal länger suchen muss und nur wenige in größerer Zahl antrifft, der wähnt sich hier in einem Paradies oder mitten in einem Film, auf jeden Fall erscheint einem das, was es hier zu sehen gibt, erst einmal surreal. Denn tatsächlich stehen hier etwa 50.000 Königspinguine in der Landschaft und brüten vor sich hin, dazu kommen ein paar hundert Eselspinguine, etliche Seelöwen, und, besonders beeindruckend, die tonnenschweren See-Elefanten. Darüber kreisen Albatrosse und die bereits erwähnten Küstenseeschwalben.
Und weil das alles ja immer noch nicht genug ist als Sinneseindruck, steht man auf den meisten Schiffen gerne mal um vier Uhr morgens auf, um dieses Schauspiel zu sehen, denn das goldene Licht im Goldhafen ist besonders sagenumwoben. Hat man dann noch das Glück, im Dezember dort zu sein, kann man außerdem auf Anhieb noch viele Freunde finden: junge See-Elefanten. Im Dezember werden diese meistens nicht mehr gesäugt, können aber noch nicht schwimmen. Von den Eltern alleine gelassen, sind diese Kleinen das, was alle Kinder sind: Neugierig, verspielt und liebesbedürftig.
Setzt man sich hier also in den Sand, kann es durchaus passieren, dass man von einem See-Elefanten-Baby niedergeküsst und gekuschelt wird, das erst langsam aber dann immer gezielter heranrobbt. Wobei Baby hier sehr relativ ist, denn diese lieben Kleinen sind meistens schon so groß wie man selber. Und so schwer auch. Das hindert sie aber nicht daran, sich dem Besucher mit großen Glupschaugen in den Schoß zu legen und glücklich sabbernd zu schnauben, weil der Körperkontakt ja so schön ist.
Man muss hier zwar die Abstandsregeln einhalten – aber was soll man machen, wenn diese Babies sie nicht kennen?
Egal aber, wann man den Goldhafen besucht, dieses Fleckchen Erde auch nur ein einziges Mal zu sehen, ist ein wahres Geschenk. Und wenn man mich fragt, könnte man die Antarktis danach weglassen, und einfach zwei Wochen in Südgeorgien verbringen. So schön ist das.
Bis in zwei Wochen!
Eure
Birgit Lutz