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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 111 | Der Seeleopard – schneller Schwimmer mit scharfen Zähnen

Der Seeleopard hat nichts mit einer Katzenart zu tun, sonst würde er nicht schwimmen! Die flinken Robben haben ihren Namen wegen ihres gefleckten Fells bekommen.

Das ist allerdings nicht der einzige Grund: Denn wie Leoparden an Land sind auch die Seeleoparden sehr behände Beutegreifer, die sich ihr Futter teilweise mit erstaunlicher Jagdgeschwindigkeit sichern. Der Seeleopard lässt sich dabei auch Pinguine und junge Robben schmecken, solange sie nicht der eigenen Art angehören.

Seeleoparden sehen unheimlich aus, das finde ich zumindest. Sie erinnern mich mit ihrem lang gezogenen Kopf ein bisschen an Muränen, nur sind sie viel größer und sehen noch bedrohlicher aus. Diese Kopfform verhilft ihnen unter anderem zu ihrem schnellen Schwimmen: Der schmale Kopf geht in einen stromlinienförmigen Körper über, der dem Wasser möglichst wenig Widerstand bietet. Ein paar kräftige Stöße mitseinen langen Vorderflossen reichen dann auch schon, den Leopardenkörper bis auf 40 km/h zu beschleunigen. Unter Wasser! Wieder einmal ein Wert, den menschliche Taucher nie erreichen könnten.

Auf Antarktisreisen hat man recht gute Chancen, Seeleoparden zu begegnen, allerdings immer nur einem einzelnen Tier, denn sie sind Einzelgänger. Aber sie sind mit etwa 400.000 Exemplaren eine der häufigsten Robbenarten der Südpolarmeere. Dort bewegt sie sich am Packeis-Rand, die Jungen aber gehen oft auch an den subantarktischen Inseln an Land.

Fürchten müssen sich die Seeleoparden vor niemandem, sie stehen mit den Orcas an der Spitze der Nahrungskette in den südpolaren Gewässern. Einzig wenn es für die Schwertwale zu wenig Nahrung gibt, können diese auch mal einen Seeleoparden jagen.

Seeleoparden sind enorm imposante Erscheinungen: Drei Meter lang werden die Männchen – und die Weibchen sogar noch größer: Bis zu vier Meter Länge erreichen sie und wiegen dann um die 400 Kilogramm. Mit einem solchen Wesen legt man sich also besser nicht an. Denn Seeleoparden fressen zwar Kleintiere wie Krill und Fische. Aber sie machen nicht Halt vor anderen Säugern: Er jagt auch Krabbenfresser, Weddelrobben, Seebären und Pinguine, wobei die einzelnen Tiere unterschiedliche Vorlieben haben und sich dann auf diese spezialisieren: Manche fressen vorwiegend Robben, andere eher Pinguine.

Am liebsten jagt der Seeleopard im Wasser, entwischt ihm seine Beute dort, folgt er ihr ihnen aber auch weiter auf Eisschollen. Beeindruckend am Seeleopard sind auch seine Zähne: Seine Vorderzähne gleichen in ihrer Form und Massivität denen von Eisbären, die Backenzähne sind gezackt und lassen so Aussparungen, wenn der Seeleopard sein Maul schließt: Das hat die gleiche Funktion wie die Barten bei Bartenwalen: Wenn der Seeleopard durch einen Schwarm Krill schießt und einen guten Happen Krilltiere nimmt, presst er durch diese Aussparungen das Wasser wieder nach draußen und schluckt konzentrierte Krebssuppe.

Seeleoparden werden mit etwa drei bis vier Jahren geschlechtsreif und paaren sich zwischen November und Februar im Wasser, Männchen und Weibchen trennen sich aber sofort wieder. Das Weibchen bring im südlichen Sommer, zsischen September und Januar dann auf dem Packeis ihr Junges zur Welt und säugt es vier Wochen lang.

Für mich wäre die Präsenz eines Seeleoparden Grund genug, niemals in der Antarktis tauchen zu gehen, dieses Tier flößt mir deutlich mehr Respekt ein als die Kälte. Denn wenn man einen Seeleoparden erschreckt, kann er durchaus auch mal in einen Menschen beißen. Einige solcher Vorfälle sind bekannt geworden, am tragischsten ist sicher der Fall einer jungen Wissenschaftlerin an der britischen Forschungsstation Rothera. Die 28 Jahre alte Frau wurde beim Schnorcheln von einem Leoparden angegriffen und tödlich verletzt. Sogar Shackleton berichtet schon von einem Vorfall mit einem Seeleoparden: Einer seiner Teammitglieder wurde von einer enormen Seeleopardin über das Eis gejagt und nur durch einen beherzten Schuss eines Kameraden gerettet.

Was das Tauchen angeht, hat der bekannte kanadische Naturfotograf allerdings beruhigenderes zu berichten: Seine Erfahrung ist, dass Seeleoarden mit tauchenden Menschen gar freundschaftlich und neugierig umgingen, und nicht aggressiv: Ein Weibchen brachte ihm sogar mehrmals ihre Beute, als wolle sie den schmächtigen Taucher füttern.

Ich persönlich schaue mir trotzdem lieber Nicklens spektakuläre Aufnahmen an, bevor ich das selbst ausprobiere.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz

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Seeleoparden sehen unheimlich aus, das finde ich zumindest. Sie erinnern mich mit ihrem lang gezogenen Kopf ein bisschen an Muränen, nur sind sie viel größer und sehen noch bedrohlicher aus. Diese Kopfform verhilft ihnen unter anderem zu ihrem schnellen Schwimmen: Der schmale Kopf geht in einen stromlinienförmigen Körper über, der dem Wasser möglichst wenig Widerstand bietet. Ein paar kräftige Stöße mitseinen langen Vorderflossen reichen dann auch schon, den Leopardenkörper bis auf 40 km/h zu beschleunigen. Unter Wasser! Wieder einmal ein Wert, den menschliche Taucher nie erreichen könnten.

Auf Antarktisreisen hat man recht gute Chancen, Seeleoparden zu begegnen, allerdings immer nur einem einzelnen Tier, denn sie sind Einzelgänger. Aber sie sind mit etwa 400.000 Exemplaren eine der häufigsten Robbenarten der Südpolarmeere. Dort bewegt sie sich am Packeis-Rand, die Jungen aber gehen oft auch an den subantarktischen Inseln an Land.

Fürchten müssen sich die Seeleoparden vor niemandem, sie stehen mit den Orcas an der Spitze der Nahrungskette in den südpolaren Gewässern. Einzig wenn es für die Schwertwale zu wenig Nahrung gibt, können diese auch mal einen Seeleoparden jagen.

Seeleoparden sind enorm imposante Erscheinungen: Drei Meter lang werden die Männchen – und die Weibchen sogar noch größer: Bis zu vier Meter Länge erreichen sie und wiegen dann um die 400 Kilogramm. Mit einem solchen Wesen legt man sich also besser nicht an. Denn Seeleoparden fressen zwar Kleintiere wie Krill und Fische. Aber sie machen nicht Halt vor anderen Säugern: Er jagt auch Krabbenfresser, Weddelrobben, Seebären und Pinguine, wobei die einzelnen Tiere unterschiedliche Vorlieben haben und sich dann auf diese spezialisieren: Manche fressen vorwiegend Robben, andere eher Pinguine.

Am liebsten jagt der Seeleopard im Wasser, entwischt ihm seine Beute dort, folgt er ihr ihnen aber auch weiter auf Eisschollen. Beeindruckend am Seeleopard sind auch seine Zähne: Seine Vorderzähne gleichen in ihrer Form und Massivität denen von Eisbären, die Backenzähne sind gezackt und lassen so Aussparungen, wenn der Seeleopard sein Maul schließt: Das hat die gleiche Funktion wie die Barten bei Bartenwalen: Wenn der Seeleopard durch einen Schwarm Krill schießt und einen guten Happen Krilltiere nimmt, presst er durch diese Aussparungen das Wasser wieder nach draußen und schluckt konzentrierte Krebssuppe.

Seeleoparden werden mit etwa drei bis vier Jahren geschlechtsreif und paaren sich zwischen November und Februar im Wasser, Männchen und Weibchen trennen sich aber sofort wieder. Das Weibchen bring im südlichen Sommer, zsischen September und Januar dann auf dem Packeis ihr Junges zur Welt und säugt es vier Wochen lang.

Für mich wäre die Präsenz eines Seeleoparden Grund genug, niemals in der Antarktis tauchen zu gehen, dieses Tier flößt mir deutlich mehr Respekt ein als die Kälte. Denn wenn man einen Seeleoparden erschreckt, kann er durchaus auch mal in einen Menschen beißen. Einige solcher Vorfälle sind bekannt geworden, am tragischsten ist sicher der Fall einer jungen Wissenschaftlerin an der britischen Forschungsstation Rothera. Die 28 Jahre alte Frau wurde beim Schnorcheln von einem Leoparden angegriffen und tödlich verletzt. Sogar Shackleton berichtet schon von einem Vorfall mit einem Seeleoparden: Einer seiner Teammitglieder wurde von einer enormen Seeleopardin über das Eis gejagt und nur durch einen beherzten Schuss eines Kameraden gerettet.

Was das Tauchen angeht, hat der bekannte kanadische Naturfotograf allerdings beruhigenderes zu berichten: Seine Erfahrung ist, dass Seeleoarden mit tauchenden Menschen gar freundschaftlich und neugierig umgingen, und nicht aggressiv: Ein Weibchen brachte ihm sogar mehrmals ihre Beute, als wolle sie den schmächtigen Taucher füttern.

Ich persönlich schaue mir trotzdem lieber Nicklens spektakuläre Aufnahmen an, bevor ich das selbst ausprobiere.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz