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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 103 – Das letzte Fest der Trolle

Im Norden Europas und auch in Island gibt es Trolle, das weiß jeder. Die kleinen Gesellen können hilfreich sein, aber auch recht fordernd. Ein nordnorwegisches Weihnachtsmärchen erzählt, wie ein schlauer Bauer die kleinen Trolle für immer loswurde, ohne dass sie ihm böse waren.

Weil ja nun bald Weihnachten ist, und weil ich schon immer gerne Weihnachtsgeschichten höre, will ich euch heute eine kurze, heitere Troll-Geschichte erzählen, die manchem eine Inspiration sein kann, wie er vielleicht mit den Trollen fertig werden kann, die ihn jedes Jahr zu Weihnachten heimsuchen.

Das Märchen also geht so:

Es war einmal ein großer weißer Bär, der wurde von einem Mann in den Finnmarken eingefangen. Der Mann wollte den Bären dem König von Dänemark schenken, weil er so besonders war. Er wanderte also mit ihm vom Norden nach dem Süden. Am Heiligen Abend kam er zum Dovrefjell. Er entdeckte ein Haus und schickte sich an, dort um ein Nachtquartier für sich und den Bären zu bitten.

„Ja, um Himmels Willen!“, rief Halvor, der Mann, dem das Haus gehörte, auf diese Frage hin aus. „Heute ist Heiliger Abend. Da kommen jedes Jahr die Trolle zu mir! Und zwar so viele, dass nicht einmal mehr für mich Platz ist. Noch jemanden aufnehmen kann ich nicht, ich ziehe ja selber so lange aus!“

Der Bärenmann ließ sich davon nicht abschrecken. „Ich kann trotzdem hier übernachten“, sagt er. „Mein Bär legt sich hinter den Ofen, und ich mich in den Alkoven.“ „Na gut“, sagte Halvor. Geschäftiges Treiben setzte ein, Halvor bereitete ein Festmahl für die Trolle: Griesbrei, Wurst, getrockneten Fisch, Rentierhaxe und allerlei mehr, der Tisch bog sich bald vor Leckereien. Wundervoll gedeckt war die Tafel – alles für die Trolle, denn Halvor zog aus.

Der Bärenmann und der Bär legten sich zum Schlafen nieder. Doch bald trippelten und trappelten die Trolle herbei. Gar wunderlich sahen sie aus, schrumpelig und klein, mit langen Nasen und wilden Haaren, glitzernden Augen im faltigen Gesichtchen. Sie machten sich über den Gaumenschmaus her, tranken, aßen, feierten.

Auf einmal entdeckte einer der Trolle hinter dem Ofen den Bären! Vorwitzig wie er war – und gar nicht gewöhnt, dass es jemanden gab, der keine Angst vor ihm hatte – streckte er ihm im Scherz ein Stückchen Elchkeule entgegen und fragte: „Na, Kätzchen, hast Du Hunger?“
Der aufgeweckte Bär war nicht zum Spaßen aufgelegt, er sprang auf, knurrte und brummte und erhob seine Vordertatzen, und die Trolle erschraken so, dass sie allesamt aus dem Haus verschwanden, viel schneller, als sie gekommen waren. Der Bär brummte zufrieden und legte sich wieder hin. Als Halvor am nächsten Tag zurückkam, erzählte der Bärenmann diese Geschichte und Halvor konnte kaum glauben, dass so viel Essen für ihn übrig war.

Im nächsten Jahr war Halvor schon wieder mit den Weihnachtsvorbereitungen für das Fest der Trolle beschäftigt, als beim Holzmachen im Wald jemand seinen Namen rief. Er blickte sich um, konnte aber niemanden sehen. „Halvor!“ rief noch einmal ein dünnes Stimmchen, „hast Du noch die große Katze?“ Halvor überlegte kurz und rief dann: „Ja, und jetzt hat sie sieben Junge! Die sind noch viel größer und gefährlicher!“ „Ohje!“, rief der Troll. „Dann kommen wir nie mehr zu Dir!“

Von da an kamen die Trolle nie mehr zu Halvor am Dovrefjell, und er konnte das Weihnachtsfest mit seiner Familie zuhause feiern, mit genügend zu essen für alle.

Frohe Weihnachten!

Eure
Birgit Lutz

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Das Märchen also geht so:

Es war einmal ein großer weißer Bär, der wurde von einem Mann in den Finnmarken eingefangen. Der Mann wollte den Bären dem König von Dänemark schenken, weil er so besonders war. Er wanderte also mit ihm vom Norden nach dem Süden. Am Heiligen Abend kam er zum Dovrefjell. Er entdeckte ein Haus und schickte sich an, dort um ein Nachtquartier für sich und den Bären zu bitten.

„Ja, um Himmels Willen!“, rief Halvor, der Mann, dem das Haus gehörte, auf diese Frage hin aus. „Heute ist Heiliger Abend. Da kommen jedes Jahr die Trolle zu mir! Und zwar so viele, dass nicht einmal mehr für mich Platz ist. Noch jemanden aufnehmen kann ich nicht, ich ziehe ja selber so lange aus!“

Der Bärenmann ließ sich davon nicht abschrecken. „Ich kann trotzdem hier übernachten“, sagt er. „Mein Bär legt sich hinter den Ofen, und ich mich in den Alkoven.“ „Na gut“, sagte Halvor. Geschäftiges Treiben setzte ein, Halvor bereitete ein Festmahl für die Trolle: Griesbrei, Wurst, getrockneten Fisch, Rentierhaxe und allerlei mehr, der Tisch bog sich bald vor Leckereien. Wundervoll gedeckt war die Tafel – alles für die Trolle, denn Halvor zog aus.

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Auf einmal entdeckte einer der Trolle hinter dem Ofen den Bären! Vorwitzig wie er war – und gar nicht gewöhnt, dass es jemanden gab, der keine Angst vor ihm hatte – streckte er ihm im Scherz ein Stückchen Elchkeule entgegen und fragte: „Na, Kätzchen, hast Du Hunger?“
Der aufgeweckte Bär war nicht zum Spaßen aufgelegt, er sprang auf, knurrte und brummte und erhob seine Vordertatzen, und die Trolle erschraken so, dass sie allesamt aus dem Haus verschwanden, viel schneller, als sie gekommen waren. Der Bär brummte zufrieden und legte sich wieder hin. Als Halvor am nächsten Tag zurückkam, erzählte der Bärenmann diese Geschichte und Halvor konnte kaum glauben, dass so viel Essen für ihn übrig war.

Im nächsten Jahr war Halvor schon wieder mit den Weihnachtsvorbereitungen für das Fest der Trolle beschäftigt, als beim Holzmachen im Wald jemand seinen Namen rief. Er blickte sich um, konnte aber niemanden sehen. „Halvor!“ rief noch einmal ein dünnes Stimmchen, „hast Du noch die große Katze?“ Halvor überlegte kurz und rief dann: „Ja, und jetzt hat sie sieben Junge! Die sind noch viel größer und gefährlicher!“ „Ohje!“, rief der Troll. „Dann kommen wir nie mehr zu Dir!“

Von da an kamen die Trolle nie mehr zu Halvor am Dovrefjell, und er konnte das Weihnachtsfest mit seiner Familie zuhause feiern, mit genügend zu essen für alle.

Frohe Weihnachten!

Eure
Birgit Lutz