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Arctic bumble bees take full advantage of Alaska's long days during the short blooming season to gather pollen from a variety of blooming plants.
Arctic bumble bees take full advantage of Alaska's long days during the short blooming season to gather pollen from a variety of blooming plants.
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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 64 – Die arktische Hummel

Bei der letzten Kolumne ging es um das Verschwinden der Tundra, weil die Baumgrenze mit steigenden Temperaturen immer weiter nach Norden wandert. Als ich mich in dieses Thema und die Fauna und Flora der Tundra ein bisschen mehr vertiefte, stieß ich auf ein Tierchen, von dem ich bisher noch nie gehört hatte. Man lernt eben nie aus. Das Tierchen, das mich so überrascht hat, ist: die arktische Hummel. In der Arktis gibt es Hummeln? Ja.

Die Hummel ist eine meiner Lieblingsinsekten – sie brummt gemütlich durch die Gegend, macht sich keine Sorgen um eine Wespentaille, sondern schlürft genüsslich Nektar aus duftenden Blüten. Dabei sticht sie nicht, tut dafür aber allerlei Gutes: Sie bestäubt und befruchtet, dass es eine Freude ist. Der lateinische Name tut noch ein Übriges, heißt die Hummel doch so formal wie lautmalerisch: Bombus. Besser wäre nur noch Brummbus.

Die Hummeln also gibt es nicht nur in unseren Breiten, sondern es gibt auch eine arktische Art: die arktische Hummel, lateinisch Bombus polaris. Sie kommt in den nördlichen Tundra-Regionen Alaskas, Kanadas, Skandinaviens und Russlands vor, wo sie einer der wichtigsten Bestäuber ist. Die kleine Bombe ist also mit wichtigem Auftrag unterwegs.

Wie alle arktischen Arten hat sie sich perfekt an ihre Umgebung angepasst: Sie kann ihre Körpertemperatur selbst beeinflussen! Sie benutzt beispielsweise die schönen Blüten des Arktischen Mohns als Wärmehalle, beziehungsweise sie nutzt die schlaue Angepasstheit des Arktischen Mohns für sich aus: Denn die Blütenblätter des Mohns sind kegelförmig angeordnet. Somit können sie das Sonnenlicht wie kleine Spiegel in die Blütenmitte lenken, wo es kuschelig warm wird. Die Königin der Hummeln und ihre Arbeiterinnen suchen sich also prompt genau diesen Ort aus, um ausgiebige Sonnenbäder zu nehmen und der frischen Frühlingsluft zu trotzen.

Lässt sich die Sonne nicht blicken für das Mohn-Solarium, kann sich die Hummel selber aufwärmen, denn Bombus polaris kommt serienmäßig mit einer eingebauten Heizung: Sobald es ihr zu frisch wird, zittert sie mit ihrem recht starken Flugmuskel. Wie beim Menschen auch, zeigt zittern nicht nur, dass man friert, es hat auch eine andere sinnvolle Funktion: Es wärmt den Körper. Die kleine Hummel erwärmt sich durch ihr Geklapper sogar bis auf 30 Grad Celsius auf! Und weil sie außerdem ziemlich viele Haare an ihrem kleinen runden Körper hat, kühlt sie dann auch nicht so schnell wieder aus.

Vom ganzen Hummelvolk überlebt immer nur die Königin. Einsam wacht sie im Frühjahr auf und kann dann aber, wenn viele andere Insekten noch in der Kältestarre verharren, gleich mal loslegen mit Nektar schlürfen. Das kann sie eben, weil sie ihre Körpertemperatur selbst hochfahren kann. Schlau, oder? Also sammelt sie eifrig Pollen und Nektar, um sich selber nach dem langen Winter erst einmal wieder zu stärken. Dann sucht sie sich eine taugliche Erdhöhle und baut ein Nest.

Aus ihrer ersten Brut schlüpfen dann nur Arbeiterinnen – und so wird ein neues Volk geboren. Spät im Sommer legt sie ein zweites Mal Eier ab. Anstelle der Arbeiterinnen schlüpfen aus dieser zweiten Brut dann Männchen, die Drohnen, und viele, viele neue Königinnen – im Schnitt überlebt von diesen aber auch wieder nur eine pro Volk den kommenden Winter und bildet dann im nächsten Jahr ein neues Volk, während die alte Hummelkönigin am Ende des Sommers mit dem Rest ihres Volks stirbt.

Die kleinen, tapferen, schlauen Hummeln brummen also immer nur einen Sommer.

Vielleicht seht ihr ja mal eine, irgendwo weit im Norden.
Ich werde auf jeden Fall die Augen offenhalten nach der Bombus polaris.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz

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Die Hummel ist eine meiner Lieblingsinsekten – sie brummt gemütlich durch die Gegend, macht sich keine Sorgen um eine Wespentaille, sondern schlürft genüsslich Nektar aus duftenden Blüten. Dabei sticht sie nicht, tut dafür aber allerlei Gutes: Sie bestäubt und befruchtet, dass es eine Freude ist. Der lateinische Name tut noch ein Übriges, heißt die Hummel doch so formal wie lautmalerisch: Bombus. Besser wäre nur noch Brummbus.

Die Hummeln also gibt es nicht nur in unseren Breiten, sondern es gibt auch eine arktische Art: die arktische Hummel, lateinisch Bombus polaris. Sie kommt in den nördlichen Tundra-Regionen Alaskas, Kanadas, Skandinaviens und Russlands vor, wo sie einer der wichtigsten Bestäuber ist. Die kleine Bombe ist also mit wichtigem Auftrag unterwegs.

Wie alle arktischen Arten hat sie sich perfekt an ihre Umgebung angepasst: Sie kann ihre Körpertemperatur selbst beeinflussen! Sie benutzt beispielsweise die schönen Blüten des Arktischen Mohns als Wärmehalle, beziehungsweise sie nutzt die schlaue Angepasstheit des Arktischen Mohns für sich aus: Denn die Blütenblätter des Mohns sind kegelförmig angeordnet. Somit können sie das Sonnenlicht wie kleine Spiegel in die Blütenmitte lenken, wo es kuschelig warm wird. Die Königin der Hummeln und ihre Arbeiterinnen suchen sich also prompt genau diesen Ort aus, um ausgiebige Sonnenbäder zu nehmen und der frischen Frühlingsluft zu trotzen.

Lässt sich die Sonne nicht blicken für das Mohn-Solarium, kann sich die Hummel selber aufwärmen, denn Bombus polaris kommt serienmäßig mit einer eingebauten Heizung: Sobald es ihr zu frisch wird, zittert sie mit ihrem recht starken Flugmuskel. Wie beim Menschen auch, zeigt zittern nicht nur, dass man friert, es hat auch eine andere sinnvolle Funktion: Es wärmt den Körper. Die kleine Hummel erwärmt sich durch ihr Geklapper sogar bis auf 30 Grad Celsius auf! Und weil sie außerdem ziemlich viele Haare an ihrem kleinen runden Körper hat, kühlt sie dann auch nicht so schnell wieder aus.

Vom ganzen Hummelvolk überlebt immer nur die Königin. Einsam wacht sie im Frühjahr auf und kann dann aber, wenn viele andere Insekten noch in der Kältestarre verharren, gleich mal loslegen mit Nektar schlürfen. Das kann sie eben, weil sie ihre Körpertemperatur selbst hochfahren kann. Schlau, oder? Also sammelt sie eifrig Pollen und Nektar, um sich selber nach dem langen Winter erst einmal wieder zu stärken. Dann sucht sie sich eine taugliche Erdhöhle und baut ein Nest.

Aus ihrer ersten Brut schlüpfen dann nur Arbeiterinnen – und so wird ein neues Volk geboren. Spät im Sommer legt sie ein zweites Mal Eier ab. Anstelle der Arbeiterinnen schlüpfen aus dieser zweiten Brut dann Männchen, die Drohnen, und viele, viele neue Königinnen – im Schnitt überlebt von diesen aber auch wieder nur eine pro Volk den kommenden Winter und bildet dann im nächsten Jahr ein neues Volk, während die alte Hummelkönigin am Ende des Sommers mit dem Rest ihres Volks stirbt.

Die kleinen, tapferen, schlauen Hummeln brummen also immer nur einen Sommer.

Vielleicht seht ihr ja mal eine, irgendwo weit im Norden.
Ich werde auf jeden Fall die Augen offenhalten nach der Bombus polaris.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz