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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 76 – Das Lucia-Lichterfest

Licht ins Dunkel bringen, das gehört von jeher zur Weihnachtszeit. Kein Wunder also, dass in den Ländern, in denen es im Dezember fast gar nicht hell wird, Bräuche mit Lichtern eine besonders große Rolle spielen.

Ein nordisches Lichterfest, das seinen Ursprung zwar in Schweden hat, aber immer mehr auch in den anderen skandinavischen Ländern oder Teilen Finnlands gefeiert wird, ist das Lucia-Fest, das Fest der Heiligen Lucia. Gefeiert wird es am 13. Dezember, am Gedenktag dieser Heiligen. Aber schon vor dem christlichen Fest wurde an diesem Tag ein Fest begangen, weil bis zur Einführung des Gregorianischen Kalenders 1752 in Schweden am 13. Dezember der kürzeste Tag des Jahres und damit die Winntersonnwende war.

Wie genau das Fest entstanden ist, lässt sich gar nicht mehr rekonstruieren, auch der Zusammenhang mit der Heiligen Lucia ist eigentlich fraglich. Der Kerzenkranz um den Kopf aber, der ja doch recht ungewöhnlich ist, passt sehr gut zu Beschreibungen der Heiligen Lucia: Von ihr wurde behauptet, dass sie ihre Kerzen auf dem Kopf trug, damit sie freie Hände hatte, um andere Frühchristen heimlich mit Lebensmitteln zu versorgen. Lucia starb wenig weihnachtlich aber als Märtyrerin durch einen Dolchstoß in den Hals. Wer war dieses Mädchen?

Angeblich lebte sie im 3. Jahrhundert nach Christus in Syrakus, im heutigen Sizilien. Sie war die Tochter einer angesehenen römischen Familie und wandte sich nach dem frühen Tod ihres Vaters dem Christentum zu. Das musste sie allerdings zur Zeit der Christenverfolgung sogar vor ihrer Mutter verheimlichen. Außerdem legte sie das Gelübde ab, sich nie zu verheiraten. Dann kam es, wie es kommen musste, Lucia sollte mit einem Heiden verheiratet werden. Erst zögerte sie ihre Verlobungsfeier immer weiter heraus, bis sie schließlich ihrer Mutter von ihrem Keuschheitsgelöbnis erzählte. Diese wiederum wurde dann schwer krank und nach einer Wallfahrt gar wunderlich geheilt, woraufhin die dankbare Mutter ihrer Tochter erlaubte, die geplante Hochzeit abzusagen und als Nonne zu leben.

Von da an kümmerte sich Lucia um die Armen und versorgte verfolgte Christen, die sich in den Katakomben von Syrakus versteckt hielten. Der Legende nach trug sie dabei eben besagten Kranz mit Kerzen auf dem Kopf, um den Weg zu beleuchten, während sie Lebensmittel in den Händen trug.

Aber weil so ein selbstbestimmter Weg einer Frau natürlich kein gutes Ende nehmen darf, sagt die Legende, dass sie am 13. Dezember in ihrer Heimatstadt als Märtyrerin starb. Ihr verschmähter Verlobter hatte sie als Christin angezeigt. Wie das eben immer so ist, mit enttäuschten Männern. Dieses Märtyrerschicksal wird bei der Verkleidung der Lucienbräute durch die rote Schleife versinnbildlicht.

Heute hat das Fest in Schweden vielerorts nur noch wenig mit der Kirche zu tun, und ein großes Fest ist es erst seit etwa hundert Jahren. Richtig populär wurde die Lucia, als eine Stockholmer Zeitung 1927 eine Lichtkönigin wählte. Auch heute noch wird die offizielle Lucia von Schweden in einem Schönheitswettbewerb gewählt. Die Lucia von Schweden ist also durchaus mit dem Santa Claus jenseits des Ozeans vergleichbar: Es gibt irgendwie einen historischen Kern, aber darum herum dann einiges an Show und Erfindung, die immer auch mit dem Verkauf bestimmter Artikel verbunden sind.

Was passiert nun am Lucia-Tag?
Gibt es Mädchen in den Familien, ist meistens das älteste die Lucia. Sie weckt die Familie bereits im Lucia-Gewand auf: In einem weißen Kleid mit rotem Gürtel, und dem wichtigsten Element: Einem Preiselbeerkranz mit Kerzen auf dem Kopf. Zum Frühstück gibt es am Lichterfest traditionell frisch gebackenes Safranbrot, den sogenannten Lussekatter, Pfefferkuchen und Glögg, schwedischen Glühwein. Weil der Tag aber kein offizieller Feiertag ist, gehen die Feierlichkeiten dann an allen Arbeitsstellen, Kindergärten und Schulen weiter, was man sich gut vorstellen kann, wenn es schon zum Frühstück Glühwein gibt.

Andere Mädchen tragen ebenfalls weiße Gewänder und Kerzen in den Händen. Jungs dürfen auch mitmachen, sie sind dann die Weisen aus dem Morgenland, tragen ebenfalls weiße Gewänder und hohe, spitze Hüte und Sternenstäbe.

In vielen Regionen Schwedens werden außerdem Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren zur örtlichen Lucia gewählt. Diese offiziellen Lucias ziehen dann im Rahmen der Feierlichkeiten begleitet von Sternen- und Kerzenträgern in einem Festumzug durch Schulen, Kindergärten und Altenheime. Damit ist die Arbeit der Lucia aber nicht getan: Bis zum folgenden Mittsommer hat die Lucia immer wieder Auftritte bei lokalen Festlichkeiten – ähnlich wie das Bier-, Wein- und Kartoffelköniginnen Deutschlands tun.

Ein schöner Brauch, der es eigentlich viel mehr wert wäre, ein bisschen nachgeahmt zu werden, als das mittlerweile nicht mehr zu ignorierende Halloween.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz

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Ein nordisches Lichterfest, das seinen Ursprung zwar in Schweden hat, aber immer mehr auch in den anderen skandinavischen Ländern oder Teilen Finnlands gefeiert wird, ist das Lucia-Fest, das Fest der Heiligen Lucia. Gefeiert wird es am 13. Dezember, am Gedenktag dieser Heiligen. Aber schon vor dem christlichen Fest wurde an diesem Tag ein Fest begangen, weil bis zur Einführung des Gregorianischen Kalenders 1752 in Schweden am 13. Dezember der kürzeste Tag des Jahres und damit die Winntersonnwende war.

Wie genau das Fest entstanden ist, lässt sich gar nicht mehr rekonstruieren, auch der Zusammenhang mit der Heiligen Lucia ist eigentlich fraglich. Der Kerzenkranz um den Kopf aber, der ja doch recht ungewöhnlich ist, passt sehr gut zu Beschreibungen der Heiligen Lucia: Von ihr wurde behauptet, dass sie ihre Kerzen auf dem Kopf trug, damit sie freie Hände hatte, um andere Frühchristen heimlich mit Lebensmitteln zu versorgen. Lucia starb wenig weihnachtlich aber als Märtyrerin durch einen Dolchstoß in den Hals. Wer war dieses Mädchen?

Angeblich lebte sie im 3. Jahrhundert nach Christus in Syrakus, im heutigen Sizilien. Sie war die Tochter einer angesehenen römischen Familie und wandte sich nach dem frühen Tod ihres Vaters dem Christentum zu. Das musste sie allerdings zur Zeit der Christenverfolgung sogar vor ihrer Mutter verheimlichen. Außerdem legte sie das Gelübde ab, sich nie zu verheiraten. Dann kam es, wie es kommen musste, Lucia sollte mit einem Heiden verheiratet werden. Erst zögerte sie ihre Verlobungsfeier immer weiter heraus, bis sie schließlich ihrer Mutter von ihrem Keuschheitsgelöbnis erzählte. Diese wiederum wurde dann schwer krank und nach einer Wallfahrt gar wunderlich geheilt, woraufhin die dankbare Mutter ihrer Tochter erlaubte, die geplante Hochzeit abzusagen und als Nonne zu leben.

Von da an kümmerte sich Lucia um die Armen und versorgte verfolgte Christen, die sich in den Katakomben von Syrakus versteckt hielten. Der Legende nach trug sie dabei eben besagten Kranz mit Kerzen auf dem Kopf, um den Weg zu beleuchten, während sie Lebensmittel in den Händen trug.

Aber weil so ein selbstbestimmter Weg einer Frau natürlich kein gutes Ende nehmen darf, sagt die Legende, dass sie am 13. Dezember in ihrer Heimatstadt als Märtyrerin starb. Ihr verschmähter Verlobter hatte sie als Christin angezeigt. Wie das eben immer so ist, mit enttäuschten Männern. Dieses Märtyrerschicksal wird bei der Verkleidung der Lucienbräute durch die rote Schleife versinnbildlicht.

Heute hat das Fest in Schweden vielerorts nur noch wenig mit der Kirche zu tun, und ein großes Fest ist es erst seit etwa hundert Jahren. Richtig populär wurde die Lucia, als eine Stockholmer Zeitung 1927 eine Lichtkönigin wählte. Auch heute noch wird die offizielle Lucia von Schweden in einem Schönheitswettbewerb gewählt. Die Lucia von Schweden ist also durchaus mit dem Santa Claus jenseits des Ozeans vergleichbar: Es gibt irgendwie einen historischen Kern, aber darum herum dann einiges an Show und Erfindung, die immer auch mit dem Verkauf bestimmter Artikel verbunden sind.

Was passiert nun am Lucia-Tag?
Gibt es Mädchen in den Familien, ist meistens das älteste die Lucia. Sie weckt die Familie bereits im Lucia-Gewand auf: In einem weißen Kleid mit rotem Gürtel, und dem wichtigsten Element: Einem Preiselbeerkranz mit Kerzen auf dem Kopf. Zum Frühstück gibt es am Lichterfest traditionell frisch gebackenes Safranbrot, den sogenannten Lussekatter, Pfefferkuchen und Glögg, schwedischen Glühwein. Weil der Tag aber kein offizieller Feiertag ist, gehen die Feierlichkeiten dann an allen Arbeitsstellen, Kindergärten und Schulen weiter, was man sich gut vorstellen kann, wenn es schon zum Frühstück Glühwein gibt.

Andere Mädchen tragen ebenfalls weiße Gewänder und Kerzen in den Händen. Jungs dürfen auch mitmachen, sie sind dann die Weisen aus dem Morgenland, tragen ebenfalls weiße Gewänder und hohe, spitze Hüte und Sternenstäbe.

In vielen Regionen Schwedens werden außerdem Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren zur örtlichen Lucia gewählt. Diese offiziellen Lucias ziehen dann im Rahmen der Feierlichkeiten begleitet von Sternen- und Kerzenträgern in einem Festumzug durch Schulen, Kindergärten und Altenheime. Damit ist die Arbeit der Lucia aber nicht getan: Bis zum folgenden Mittsommer hat die Lucia immer wieder Auftritte bei lokalen Festlichkeiten – ähnlich wie das Bier-, Wein- und Kartoffelköniginnen Deutschlands tun.

Ein schöner Brauch, der es eigentlich viel mehr wert wäre, ein bisschen nachgeahmt zu werden, als das mittlerweile nicht mehr zu ignorierende Halloween.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz