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Birgit Lutz

In ihrer Polarkolumne, die ab 2021 immer freitags auf unserer Homepage neu erscheint, schreibt die Expeditionsleiterin und Autorin Birgit Lutz über alle Themenfelder der Polarregionen - von großen Erlebnissen und kleinen Momenten auf eigenen Reisen über aktuelle Entwicklungen in Arktis und Antarktis bis hin zu praktischen Informationen für Ihre Reisevorbereitung oder Empfehlungen zur Polarliteratur.

Notizen aus dem Eis 90 – Lucy in the Skye

Eigentlich wollten wir nur eine kurze Klippenwanderung an Neist Point unternehmen, aber urplötzlich wurden wir in eine Rettungsaktion für einen jungen Hund involviert.

Heute machen wir einen Ausflug nach Schottland! Nicht ganz so eisig, aber wie manche wissen, wurden die schottischen Inseln 2020 ja zu einem ganz wunderbaren Alternativprogramm für die Cape Race, so wunderbar, dass diese Reisen 2024 nun ins Programm aufgenommen wurden, was ich unglaublich formidabel finde.

Auf unserer allerersten Reise war der Neist Point ein angepeilter Haltepunkt auf der Insel Skye, ein ganz bezaubernder Ort, schroffe Felsen, saftig ondulierte Wiesenberge, darauf der weit über die Klippen hinausragende Leuchtturm. Ein Schottland-Bilderbuch-Platz also.

Wir tuckerten diese Klippen erst entlang, die wir dann zu erwandern planten und ankerten schließlich in der Bucht unterhalb des Leuchtturms; gaben so eine überaus pittoreske Bereicherung für alle an diesem Tag von Point Neist herunter fotografierten Fotos ab, denn erst durch unser Schiffchen wurden die enormen Dimensionen dieser Klippen ganz plastisch und erfassbar.

Die Jetty allerdings war für uns nicht benutzbar, es war niedrigstes Niedrigwasser und vor der Jetty ragten spitze Steine aus dem Wasser, die ein Herankommen mit dem Boot unmöglich machten. Also suchten und fanden wir einen anderen Ort, an dem wir über Steine staksend an Land gehen konnten. Schon während dieser Prozedur bemerkten wir einen Jungen, der von ganz oben an der Klippe Richtung Strand, also uns rannte. Wir schenkten ihm anfangs wenig Beachtung, was sollte er schon von uns wollen? Doch bald wurde deutlich, dass der Knirps es auf uns abgesehen hatte. Wild mit den Armen rudernd lief er auf uns zu, und ein paar Mal rief er dabei sogar „help!“. Isma, der mit dem Boot eigentlich schon wieder abfahren wollte, wartete also lieber noch.

Neugierig standen wir da, bis der völlig aufgelöste Junge bei uns war. „Mein Hund!“, rief er. „Er ist von den Klippen gefallen!“ Oh je! Die Klippen sind hier richtig hoch, ob ein Hund so einen Sturz überleben konnte? Kurz wurde geklärt, wo die Hündin Lucy sich in den Himmel über Skye verabschiedet hatte, und schon startete Isma den Motor und raste in Richtung der Absturzstelle – auf der anderen Seite der Landzunge – davon.

Der Junge sank völlig außer Atem auf einen Felsen, machte sich dann aber wieder auf nach oben, wollte er doch beobachten, ob Isma den Hund finden konnte. Der Arme machte sich solche Sorgen um seine Lucy!

Auch wir erklommen nun langsam den Klippenweg und konnten natürlich an nichts anderes denken als an die arme Lucy; malten uns aber hoffnungsvoll aus, dass Isma den Hund finden und wie ein weißer, rettender Ritter an Land bringen würde. Oben auf den Klippen angekommen, mitten in all diesen Reden und Hoffnungen begegneten wir plötzlich unserem Jungen wieder, an der Leine niemand anderes als die tropfnasse Lucy!

Was war denn nun passiert?
Lucy war von einem Kletterer, der an den schroffen Felsen unterwegs war, aus dem Wasser gefischt und nach oben geseilt worden. Da hatte die kleine Lucy einen ganz schön aufregenden Trip hinter sich! Erst der freie Fall die Klippen hinunter, dann ein erfrischendes Bad in den Wellen vor Skye und schließlich eine Kletterpartie vom Allerfeinsten. Lucy allerdings sah so aus, als sei ihr dieses Ferienprogramm dann doch zu abwechslungsreich gewesen, reichlich bedröppelt stand sie da und schaute etwas orientierungslos drein.

Der Junge und seine gesamte Familie bedankte sich herzlichst bei uns und ich ließ Isma über Funk wissen, dass er aufhören konnte, nach dem Hund zu suchen. So hatte die Geschichte doch ein wunderbares Happy End, das in vielerlei Wortspielen mit Lucy und Skye mündete.

Wir konnten uns nun aber beschwingt unserem Sightseeing widmen. Denn Neist Point markiert den westlichsten Punkt der Insel Skye. Hier hatte David Alan Stevenson 1909 einen 19 Meter hohen Leuchtturm erbaut, und bei diesem Namen tuten natürlich gleich ein paar Nebelhörner. Die Stevensons waren eine Familie mit hoher Ingenieurs- und Leuchtturmbauerdichte, aber einer machte etwas ganz anderes: Der Cousin von David Alan war Robert Louis Stevenson, dem wir so bezauberndes wie die Schatzinsel und so gruseliges wie Dr. Jekyll und Mr Hyde verdanken, der aber leider schon mit 44 auf Samoa verstarb.

Wir spazieren zu dem Leuchtturm, der heute noch in Betrieb ist, wenn auch automatisiert, und erklimmen dann sogar noch den 296 Meter hohen Waterstein Head, hecheln aber bald schon wie Lucy, denn in unserer ganz und gar unschottisch heißen Wetterperiode wird es uns recht warm. Wir sinken also in das tiefe Gras am Rand der Klippen, die uns einen Blick bis hinüber zu den Äußeren Hebriden ermöglichen; wir lauschen dem Rauschen der Wellen, in denen wir dann auch noch Delfine springen sehen.

Irgendwann aber sinkt die Sonne, was den Blick nur noch schöner macht, uns aber auch zur Rückkehr mahnt. Wir spazieren den Klippenweg wieder zurück, steigen hinab zum steinigen Strand und setzen über zur Cape Race, die alsbald wieder aus dieser bezaubernden Bucht hinaustuckert, während wir einen wunderbaren Erlebnisnachmittag reicher sind.

Manchmal ist es doch auch schön, in Gegenden zu reisen, in denen es andere Menschen gibt.
Ich freue mich jedenfalls sehr auf die neuen Schottlandreisen in 2024! Wer weiß, was da alles auf uns wartet.

Bis in zwei Wochen!

Eure
Birgit Lutz

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Auf unserer allerersten Reise war der Neist Point ein angepeilter Haltepunkt auf der Insel Skye, ein ganz bezaubernder Ort, schroffe Felsen, saftig ondulierte Wiesenberge, darauf der weit über die Klippen hinausragende Leuchtturm. Ein Schottland-Bilderbuch-Platz also.

Wir tuckerten diese Klippen erst entlang, die wir dann zu erwandern planten und ankerten schließlich in der Bucht unterhalb des Leuchtturms; gaben so eine überaus pittoreske Bereicherung für alle an diesem Tag von Point Neist herunter fotografierten Fotos ab, denn erst durch unser Schiffchen wurden die enormen Dimensionen dieser Klippen ganz plastisch und erfassbar.

Die Jetty allerdings war für uns nicht benutzbar, es war niedrigstes Niedrigwasser und vor der Jetty ragten spitze Steine aus dem Wasser, die ein Herankommen mit dem Boot unmöglich machten. Also suchten und fanden wir einen anderen Ort, an dem wir über Steine staksend an Land gehen konnten. Schon während dieser Prozedur bemerkten wir einen Jungen, der von ganz oben an der Klippe Richtung Strand, also uns rannte. Wir schenkten ihm anfangs wenig Beachtung, was sollte er schon von uns wollen? Doch bald wurde deutlich, dass der Knirps es auf uns abgesehen hatte. Wild mit den Armen rudernd lief er auf uns zu, und ein paar Mal rief er dabei sogar „help!“. Isma, der mit dem Boot eigentlich schon wieder abfahren wollte, wartete also lieber noch.

Neugierig standen wir da, bis der völlig aufgelöste Junge bei uns war. „Mein Hund!“, rief er. „Er ist von den Klippen gefallen!“ Oh je! Die Klippen sind hier richtig hoch, ob ein Hund so einen Sturz überleben konnte? Kurz wurde geklärt, wo die Hündin Lucy sich in den Himmel über Skye verabschiedet hatte, und schon startete Isma den Motor und raste in Richtung der Absturzstelle – auf der anderen Seite der Landzunge – davon.

Der Junge sank völlig außer Atem auf einen Felsen, machte sich dann aber wieder auf nach oben, wollte er doch beobachten, ob Isma den Hund finden konnte. Der Arme machte sich solche Sorgen um seine Lucy!

Auch wir erklommen nun langsam den Klippenweg und konnten natürlich an nichts anderes denken als an die arme Lucy; malten uns aber hoffnungsvoll aus, dass Isma den Hund finden und wie ein weißer, rettender Ritter an Land bringen würde. Oben auf den Klippen angekommen, mitten in all diesen Reden und Hoffnungen begegneten wir plötzlich unserem Jungen wieder, an der Leine niemand anderes als die tropfnasse Lucy!

Was war denn nun passiert?
Lucy war von einem Kletterer, der an den schroffen Felsen unterwegs war, aus dem Wasser gefischt und nach oben geseilt worden. Da hatte die kleine Lucy einen ganz schön aufregenden Trip hinter sich! Erst der freie Fall die Klippen hinunter, dann ein erfrischendes Bad in den Wellen vor Skye und schließlich eine Kletterpartie vom Allerfeinsten. Lucy allerdings sah so aus, als sei ihr dieses Ferienprogramm dann doch zu abwechslungsreich gewesen, reichlich bedröppelt stand sie da und schaute etwas orientierungslos drein.

Der Junge und seine gesamte Familie bedankte sich herzlichst bei uns und ich ließ Isma über Funk wissen, dass er aufhören konnte, nach dem Hund zu suchen. So hatte die Geschichte doch ein wunderbares Happy End, das in vielerlei Wortspielen mit Lucy und Skye mündete.

Wir konnten uns nun aber beschwingt unserem Sightseeing widmen. Denn Neist Point markiert den westlichsten Punkt der Insel Skye. Hier hatte David Alan Stevenson 1909 einen 19 Meter hohen Leuchtturm erbaut, und bei diesem Namen tuten natürlich gleich ein paar Nebelhörner. Die Stevensons waren eine Familie mit hoher Ingenieurs- und Leuchtturmbauerdichte, aber einer machte etwas ganz anderes: Der Cousin von David Alan war Robert Louis Stevenson, dem wir so bezauberndes wie die Schatzinsel und so gruseliges wie Dr. Jekyll und Mr Hyde verdanken, der aber leider schon mit 44 auf Samoa verstarb.

Wir spazieren zu dem Leuchtturm, der heute noch in Betrieb ist, wenn auch automatisiert, und erklimmen dann sogar noch den 296 Meter hohen Waterstein Head, hecheln aber bald schon wie Lucy, denn in unserer ganz und gar unschottisch heißen Wetterperiode wird es uns recht warm. Wir sinken also in das tiefe Gras am Rand der Klippen, die uns einen Blick bis hinüber zu den Äußeren Hebriden ermöglichen; wir lauschen dem Rauschen der Wellen, in denen wir dann auch noch Delfine springen sehen.

Irgendwann aber sinkt die Sonne, was den Blick nur noch schöner macht, uns aber auch zur Rückkehr mahnt. Wir spazieren den Klippenweg wieder zurück, steigen hinab zum steinigen Strand und setzen über zur Cape Race, die alsbald wieder aus dieser bezaubernden Bucht hinaustuckert, während wir einen wunderbaren Erlebnisnachmittag reicher sind.

Manchmal ist es doch auch schön, in Gegenden zu reisen, in denen es andere Menschen gibt.
Ich freue mich jedenfalls sehr auf die neuen Schottlandreisen in 2024! Wer weiß, was da alles auf uns wartet.

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