Nach Hopen kommen wenig Schiffe, und das hat einen Grund. Aber wenn man dann dort ist, ist es irre!
Es ist uns wieder gelungen, zum zweiten Mal nach 2014. Wir sind nach Hopen gefahren. Und zweimal an Land gegangen. Warum ist das so besonders? Dafür gibt es eine ganze Reihe von Gründen.
Ein Blick auf die Karte zeigt schon mal: Hopen liegt ein bisschen abseits. Also, so abseits, dass die meteorologische Station zum letzten Mal vor vier Jahren Besuch von einem Passagierschiff bekommen hat. Und jetzt wir.
Hopen liegt außerdem in einem Bereich, in dem warme und kalte Wassermassen aufeinandertreffen, und der geübte Wassermassenversteher weiß dann genau: Da ist es oft neblig.
Hopen liegt überdies recht einsam. Wenn man nach Hopen fährt, dann gibt es Hopen. Nur einen Plan A. Einen Plan B gibt es weit und breit nicht, erst recht nicht für kleine, langsame Schiffe. Geübte Polarschiffsreisende wissen aber: Plan A ist ja ziemlich oft Makulatur, und dann wird es Plan C oder D oder E. Wenn es die aber alle nicht gibt, hm, dann gibt es nichts.
Die Kombination aus Lage, Lage und Lage führt also dazu, dass ein Hopen-Besuch eine recht riskante Angelegenheit ist. Man schaukelt stundenlang hin und riskiert, dass man vor Nebel nicht mal Land sieht. Und dann schaukelt man stundenlang wieder weg, hat einen bis zwei Tage verloren, für Wasser und Nebel. Da kann die Stimmung schon mal kippen.
Wir aber wollten noch einmal nach Hopen, und das wollten wir vor allem, weil wir 2014 auf dem Weg dorthin so viele Wale wie niemals irgendwo anders zu sehen bekommen haben. Hunderte Buckelwale um uns herum, Finnwale, Grindwale,Delfine, es war schon richtig verwirrend, was da alles um uns herum auftauchte. Wir hofften, das noch einmal zu erleben.
Wir pirschten uns also langsam an Hopen heran, verbrachten erst einmal einen Tag auf den Tusenøyane, den Tausend Inseln, wo es auch bezaubernd ist. Einsame Tundra, tausende Vögel. Satte Farben allüberall, Schlachtplätze aus der Vergangenheit, dick bemoost. Was kann man nicht alles entdecken dort, in einer wunderbaren arktischen Stimmung. Es sind besondere Inseln. Seltenst besucht.
Von dort also wagten wir es, das Wetter schien gut. Als wir die Tausend Inseln verließen, blickten wir auf eine Nebelbank vor uns, die typische Seenebelbank, weiß, undurchdringlich scheinend, auf uns wartend, uns verschluckend. In dieser Nacht tat ich kein Auge zu, immer wieder schaute ich aus meinem Bullauge und dachte: Was hab ich bloß gemacht. Jetzt schaukeln wir endlos herum, und sehen Nebel.
In der Tat, als wir näherkamen: Nebel. Hopen sahen wir nur auf dem Radar. Wir ankerten vor der Landestelle, aber Land sahen wir nicht. Kein bisschen. Oh, meine Bauchschmerzen.
Aber dann, langsam, langsam, dann ganz schnell: Land. Die ganze, hohe Insel, zack, da war sie plötzlich. Und wie schön! In diesem Herbstlicht! Satt und bunt und leuchtend. Ein bisschen noch warten, ob der Nebel wirklich weg bleibt. Dann hinüber, vorsichtig, denn so schroff die Insel aus der See aufsteigt, so unerwartet seicht ist es rundherum. Es gibt einige Wege, aber man muss sie wissen. Der nette Meteorologe aus der Station funkte uns eine Wegbeschreibung, wie wir mit den Zodiacs fahren mussten. So setzten wir über nach Koefoedodden.
Dort wanderten wir über weiche Tundra bis zur Landspitze, wir konnten kaum glauben, an Land zu sein, besuchten die Hütte des Trappers Henri Rudi, entdeckten noch viele Blümelein, hinter uns zauberte sich ein Nebelbogen in den Himmel, und es sah aus, als lade uns Hopen ein, das Tor zu durchschreiten und noch mehr ihrer Schönheit zu entdecken.
Das taten wir auch. Ein grandioser Tag am Ende der Welt wartete auf uns.
Hopen heißt Hoffnung, und was soll ich sagen: Wenn man an seine Entscheidungen glaubt, dann sieht man immer Land hinterm Nebel.
Bis in zwei Wochen!
Eure
Birgit Lutz